Songtexte – Windschatten (Album)
EINE TEXTE-SAMMLUNG IM WINDSCHATTEN
VÖ: FR, 04.10.2024 (digi)
KIM VORBEI
a jedes Hemd ohne Foitn
a jede Forb passt zu deim G’sicht
a Ostond und a feis Verhoitn
ba dir woaß ma worån ma is
Håst du heit
dawei
dawei
dawei
jå, i kim vorbei
du redst an mir vorbei
und dånn triffst wiera mittn ei.
du liest zwischen meine Zeiln
und siagst de Wundn, de nit heiln.
jedes Hemd ohne Falten
jede Farbe passt zu deinem Gesicht
Anstand und feines Verhalten
bei dir weiß man woran man ist
Hast du heute
Zeit
Zeit
Zeit
ja, ich komm vorbei
du redest an mir vorbei
und dann triffst du wieder mitten hinein
du liest zwischen meine Zeilen
und siehst die Wunden, die nicht heilen
WINDSCHATTEN
schau mi nuamoi so oh
hoit mi nuamoi so fest
heb mi aufi in de Hechn
und loss mi nia mehr wiera foin
I mecht
oi deine Noam und deine Kantn
sehn
I mecht
mei Hånd auf deine Foitn
leng
I mecht
deine schiachsten G’sichter
sehn
I mecht
mi in dein Windschatten
stöhn
Foit mi zåm und påck mi ei
Nimm mi mit ora bleib
åwa låss mi bitte nit alloa
I wü då goa neama sei
schau mich nochmal so an
halt mich nochmal so fest
heb mich hinauf in die Höhe
und lass mich nie mehr wieder fallen
ich möchte
alle deine Narben und deine Kanten
sehen
ich möchte
meine Hand auf deine Falten
legen
ich möchte
deine hässlichsten Gesichter
sehen
ich möchte
mich in deinen Windschatten
stellen
falte mich zusammen und pack mich ein
nimm mich mit oder bleib
aber lass mich bitte nicht allein
ich will da gar nicht mehr sein
VATERLAND
unser våterlånd
wåglt auf da Biergbånk
nimmt an Kruag in d’Hånd
stoßet ån, stoßet ån
unser Våterlånd
kimmt ah aus meim Toi
foit boid vom letzn Gipfi oi
Våterlånd du kost mi moi
unser Våterlånd
kniat vorm Oitoa
foit de Händ und måcht si kloa
des muaßt im Våterlånd so doa
liabs Våterlånd
es gibt koan Gott
der deine Liada singt
liabs Våterlånd
es gibt koan Gott
der dir dei Schuid nimmt
unser Vaterland
wackelt auf der Biergbank
nimmt einen Krug in die Hand
stoßet an, stoßet an
unser Vaterland
kommt auch aus meinem Tal
fällt bald vom letzten Gipfel
Vaterland du kannst mich mal
unser Vaterland
kniet vorm Altar
faltet die Hände und macht sich klein
das muss du im Vaterland so tun
liebes Vaterland
es gibt keinen Gott
der deine Lieder singt
liebes Vaterland
es gibt keinen Gott
der dir deine Schuld nimmt
SCHES LEM
da Ruckn brennt
de Knia reim
so schene Oawatahänd
koide Luft
da Wind waht
im Soogschoatngstab
oan bergauf
oan bergoh
stoahoat und butterwoach
vo då herom siagst de Tram
de si a jeder zomtramt
sches Lem
sches Lem
sches Lem
vo oim håmma gnuag
uns geht’s so guat
de Tåg sand Nächt
de Nächt tåghö
de Zeit vado
vageht so schnö
bis in de Fasern und de Boa
nix duat si vo alloa
der Rücken brennt
die Knie reiben
so schöne Arbeiterhände
kalte Luft
der Wind weht
im Sägespäne Staub
einer bergauf
einer bergab
steinhart und butterweich
von hier oben siehst du die Träume
die sich ein jeder „zusammenträumt“
schönes Leben
schönes Leben
schönes Leben
von allem haben wir genug
uns geht’s so gut
die Tage sind Nächte
die Nächte taghell
die Zeit vergeudet
vergeht so schnell
bis in die Fasern und die Knochen
nichts tut sich von alleine
KOANA GEHT
a letzter Trupfn
und des Fassl, des geht üwa
wonn’s nu um ebbs geht
dånn höchstens um oan söwa
ois is gsog
nix hot’s bråcht
es gibt koan Sieger
jedes Wort is z’vü
es gibt koa Für
es gibt nur Wider
oas zu oas und jeder woaß
jeder Sinn im Wort verschwimmt
es bleibt wie’s is und koana geht
koana
koana geht
zwoa stehnan auf verlorenem Posten
wei gegen Windmühlen
verliert ma jeden Kompf
Wåsser löscht Feia
erscht recht do
wo’s nia g’scheit brennt hot
Feia brennt
owa Wåsser überschwemmt ois
schlong si de Zacken aus da Krone
moinan in Teifi an de Wänd
schwitzen Bluat, schwitzen Wåsser
hoffen, dass koana Foab bekennt
oas zu oas und jeder woaß
jeder Sinn im Wort verschwimmt
es bleibt wie’s is und koana geht
koana
koana geht
ein letzter Tropfen
und das Fass, das geht über
und wenn’s noch um etwas geht
dann höchstens um einen selber
alles ist gesagt
nichts hat’s gebracht
es gibt keinen Sieger
jedes Wort ist zu viel
es gibt kein Für
es gibt nur Wider
eins zu eins und jeder weiß
jeder Sinn im Wort verschwimmt
es bleibt wie’s ist und keiner geht
keiner
keiner geht
zwei stehen auf verlorenem Posten
weil gegen Windmühlen
verliert man jeden Kampf
Wasser löscht Feuer
erst recht dann
wenn’s nie richtig gebrannt hat
Feuer brennt
aber Wasser überschwemmt alles
schlagen sich die Zacken aus der Krone
malen den Teufel an die Wände
schwitzen Blut, schwitzen Wasser
hoffen, dass keiner Farbe bekennt
eins zu eins und jeder weiß
jeder Sinn im Wort verschwimmt
es bleibt wie’s ist und keiner geht
keiner
keiner geht
Z’VÜ
måch de ondan schlecht
mocht mi söwa besser
a dicke Uhr am Glenk,
owa mir geht’s nie ums Göd
beim nächsten Moi bitte wieder an kurzen Rock und
bitte mehr låchn,
wei wenn’st låchst, bist so sche
du bist z’groß
du bist z’dünn
du bist z’laut
du bist z’schwoch
du bist vu z’vü…
wonnst ma neama passt
donn tausch i di hoit aus
i find a kloane Maus
de I ma richt wia i’s brauch
und nimm beim nächsten Moi
dei Mama wieder mit
bitte mehr låchn,
wei wenn‘st låchst, bist so sche
du bist z’groß
du bist z’dünn
du bist z’laut
du bist z’schwoch
du bist vü z’vü…
mach‘ die anderen schlecht
das macht mich selber besser
eine dicke Uhr am Gelenk
aber mir geht’s nie ums Geld
beim nächsten Mal bitte wieder
einen kurzen Rock und
bitte mehr Lachen,
weil wenn du lachst, bist du so schön.
du bist zu groß
du bist zu dünn
du bist zu laut
du bist zu schwach
du bist viel zu viel….
wenn du mir nicht mehr passt,
dann tauch‘ ich dich eben aus
ich find‘ eine kleine Maus,
die ich mir richte wie ich die brauch‘
und nimm beim nächsten Mal
deine Mama wieder mit
bitte mehr Lachen,
weil wenn du lachst, bist du so schön
du bist zu groß
du bist zu dünn
du bist zu laut
du bist zu schwach
du bist viel zu viel….
KEINE AHNUNG
de letzn Woikn schiab da Wind weg
ob jetzt gibt’s nur nu kloare Luft und Sun
auf de letzn Meter gib ma neama auf
ob do påckt und beißt ma nu ois zom
keine Ahnung, wås du wiera suachst
keine Ahnung, ob du des nu findst
keine Ahnung, wie weit du geh muaßt
keine Ahnung, ob du wierakimmst
de Woikn weggschom und a freie Sicht
owa då san immer Foitn auf da Stirn
den Rucksåck nimmst du üwareu hi mit
den nimmt da koana oh
owa vielleicht hüft da wird trong
keine Ahnung, wås du wiera suachst
keine Ahnung, ob du des nu findst
keine Ahnung, wie weit du geh muaßt
keine Ahnung, ob du wiera kimmst
bitte geh nit
nimm mi mit
die letzten Wolken schiebt der Wind weg
ab jetzt gibt‘s nur noch klare Luft und Sonne
auf den letzten Metern gibt man nicht mehr auf
ab da packt und beißt man noch alles zusammen
keine Ahnung, was du wieder suchst
keine Ahnung, ob du das noch findest
keine Ahnung, wie weit du gehen musst
keine Ahnung, ob du wiederkommst
die Wolken weggeschoben und freie Sicht
aber da sind immer Falten auf deiner Stirn
den Rucksack nimmst du überall hin mit
den nimmt dir niemand ab
aber vielleicht hilft dir jemand tragen
keine Ahnung, was du wieder suchst
keine Ahnung, ob du das noch findest
keine Ahnung, wie weit du gehen musst
keine Ahnung, ob du wiederkommst
bitte geh‘ nicht
nimm mich mit
FISCH
Adern leichtn durch sei Haut
wia de Schuppn von am Fisch
Wosser in seine Augn
bis auf die Knochn eigfoins Gsicht
So kloa schaut a aus
auf seinem großn Stui
So groß schaut a aus
in de Råhmen an da Wånd
vielleicht heit
vielleicht moang
sicher boid
is da letzte Vorhång gfoin
jedn Tåg da söwe Weg
da söwe Plotz und’s söwe Lem
vü’z vü Leit am vü’s kloan Tisch
und am End vom Tisch
er und sei G’schicht
so kloa schaut a aus
auf seinem großn Stui
so groß schaut a aus
in de Råhmen an da Wånd
du derfst weiralem, wenn a geht du
derfst weiralem, wenn a geht du derfst
weiralem
du derfst weiralem, wenna geht du
derfst weiralem, wenn a geht du derfst
weiralem
Adern leuchten durch seine Haut
wie die Schuppen eines Fisches
Wasser in seinen Augen
bis auf die Knochen eingefallenes Gesicht
so klein sieht er aus
auf seinem großen Stuhl
so groß sieht er aus
in den Rahmen an der Wand
vielleicht heute
vielleicht morgen
sicher bald
ist der letzte Vorhang gefallen
Jeden Tag derselbe Weg
Derselbe Platz und dasselbe Leben
Viel zu viele Leut‘ am viel zu kleinen Tisch
Und am Ende vom Tisch
Er und seine Geschichte
so klein sieht er aus
auf seinem großen Stuhl
so groß sieht er aus
in den Rahmen an der Wand
du darfst weiterleben, wenn er geht du
darfst weiterleben, wenn er geht du darst
weiterleben du darfst weiterleben, wenn er geht du
darfst weiterleben, wenn er geht du darst
weiterleben
LACKSCHUH
du håst die schensts Gwandl oh
trogst de Lackschuah i da Händ
mit de Fiaß
am koidn Stoa
die Blick schaut
stur grådaus
an de Seitn hoit di wiera wos auf
wås hoit di auf
wer hoit di auf
wånn du gonga wast
wa do nu wås bliem von dir
ora wiera nur die Gwånd
und deine Schuach
wånn du gonga wast
wa do nu wås bliem von dir
ora wiera nur die Fuaß
auf koide Stoa
und wiera hoitst du dir
dein Mund zua
stur grådaus
stur grådaus
stur grådaus
wei du eh nit åndas kost
und de Fiaß am koitn Stoa
duast du wiera
wos ma glab
des muaß ma hoit
muaß ma hoit so doa
und wei du di wiera nit traust
drahst du wiera um
und da sture Blick grådaus
wird wiera gonz vaschwumm
du hast dein schönstes Kleid an
trägst die Lackschuhe in der Hand
mit den Füßen
am kalten Stein
dein Blick schaut
stur geradeaus
an den Seiten hält dich wieder was auf
was hält dich auf
wer hält dich auf
wenn du gegangen wärst
wäre da noch was geblieben von dir
oder wieder nur dein Gewand
und deine Schuhe
wenn du gegangen wärst
wäre da noch was geblieben von dir
oder wieder nur dein Fuß
auf kalte Steine
und wieder hältst du dir
den Mund zu
stur geradeaus
stur geradeaus
stur geradeaus
weil du nicht anders kannst
und die Füße auf kaltem Stein
tust du wieder
was man glaubt
das muss man eben
muss man eben so tun
und weil du dich wieder nicht traust
drehst du wieder um
und dein sturer Blick geradeaus
wird wieder ganz verschwommen
ZAUN
da Reif am Weg
da Wind in d’Bam
a eiserna Goatnzau
koana woaß
wos si dahinter duat
a kloana Bua
steht auf’m Föd
und schreit
und schreit
und schreit
weide Wöd
da Schoi vaklingt
und nit moi mehr
a Vogal singt
dass sowos gib
und d’Wöd nu staada is
wos is mit de Sön
de ma nit siag
wos wead mit de Sön
woi passiern
da Wind wird woam
de Sun scheint auf
schwoazn Asphalt
bam Fenster unt
hängt da Vorhång zua
a kloana Bua
sitzt auf da Bånk
und wippt
vor, zruck
vor, zruck
vor, zruck
da Schoi vaklingt
und nit moi mehr
a Vogal singt
den Buam, den gib’s
den Buam, den gib’s
den Buam, den gib’s
der Reif am Weg
der Wind in den Bäumen
ein eiserner Gartenzaun
niemand weiß
was sich dahinter tut
ein kleiner Bub
steht auf dem Feld
und schreit
und schreit
und schreit
weite Welt
der Schall verklingt
und nicht mal mehr
ein Vogel singt
dass es sowas gibt
und die Welt noch stiller ist
was ist mit den Seelen
de man nicht sieht
was wird mit den Seelen
wohl passieren
der Wind wird warm
die Sonne scheint auf
schwarzen Asphalt
beim Fenster unten
hängt der Vorhang zu
ein kleiner Bub
sitzt auf der Bank
und wippt
vor, zurück
vor, zurück
vor, zurück
der Schall verklingt
und nicht mal mehr
ein Vogel singt
den Bub(en), den gibt’s
den Bub(en), den gibt’s
den Bub(en), den gibt’s
DEINE HÄND
deine Händ
schwoaz vo da Schmia
dei Haut so rau ois wia
a feis Schleipåpier
dei Bugl
jeds Moi krumper, wånn i kim
du erinners mi
an wer i bin
Jodler…
deine Foitn
auf da Strin
du woaßt wia’s geht
du håst ois am Schirm
i fråg mi
wånn woast du moi Kind
wei jede G’schicht klingt
noch am guatn Instinkt
Jodler…
deine Hände
schwarz vom Schmieröl
deine Haut so rau wie
feines Schleifpapier
dein Buckel
jedes Mal krummer, wenn ich komme
du erinnerst mich
an wer ich bin
Jodler…
deine Falten
auf der Stirn
du weißt wie’s geht
du hast alles am Schirm
ich frag‘ mich
wann warst du mal Kind
weil jede Geschichte klingt
nach einem guten Instinkt
Jodler…
ZA DIA
es wird scho wiera aper
s’Föd wird wiera grea
und i foh wiera hoam
za dia
d’Stroß ins Toi is broat
d’Berg hoh, s‘Bachei koid
boid kim i scho hoam
za dia
drent draht si d’Sun ochi
herent da Mond scho aufi
schau ma da ma oikem
za dia
dei Schritt wird oiwei schwara
dei Blick wird oiwei laara
owa sog ma da nu Zeit is
mit dia
i ho im Ohr dei Stimm
i siag di mit am Låchn
gonz glei wo i a bi
ba dia
bleib do nu a Boisei
i mecht nu ebbs vazehn
heit kim i numoi hoam
za dia
za dia
es wird schon wieder schneefrei
das Feld wird wieder grün
und ich fahr wieder heim
zu dir
die Straße ins Tal ist breit
der Berg hoch, der Bach kalt
bald komm‘ ich schon heim
zu dir
drüben dreht sich die Sonne hinunter
herüben der Mond hinauf
wir kommen rasch nach unten
zu dir
dein Schritt wird immer schwerer
dein Blick wird immer leerer
aber sag mir, dass da noch Zeit ist
mit dir
ich hab‘ im Ohr deine Stimme
ich seh‘ dich mit deinem Lachen
ganz egal wo ich auch bin
bei dir
bleib noch eine Weile
ich möcht‘ dir noch etwas erzählen
heute komm‘ ich nochmal heim
zu dir
zu dir
Songtexte – Windschatten (Album)
Mystisch anmutende Sounds vermischen sich mit weichen, elektronischen Beats und Bucheggers markantem Gesang, der bewusst im breiten Dialekt der Salzburger Mundart vorgetragen wird. Sie erzählt in zwölf Kapiteln von ihrem Aufwachsen und Reifen im heimatlichen Innergebirg und verbindet in den Texten die unterschiedlichen Lebensphilosophien zwischen Provinz und Stadt. Es geht um das Aufbrechen von Vorurteilen, das Einreißen von unsichtbaren Grenzen und um den Wunsch, gängige Stereotype zu widerlegen, um ein kulturelles und menschliches Miteinander zu proklamieren. Der nachdenkliche Opener „Fisch“ behandelt das allumfassende Thema Pflege aus der familiären Perspektive und zäumt das Thema von ungewöhnlichen Seiten auf. Wo bleiben Dank und Anerkennung für die Tanten, Cousinen und Großmütter, auf deren Schultern schwere Lasten liegen? Und ist es in Ordnung, insgeheim auf den Tod zu hoffen, weil der Geist die darbende menschliche Hülle des Sterbenden längst verlassen hat?
Buchegger stellt sich existenziellen Fragen und aktuellen Themen, die sie aus eigenen Beobachtungen und Erlebnissen schnitzt, um sie der breiten Allgemeinheit näherzubringen. In „Kim vorbei“ jodelt die Künstlerin zu psychedelischen Vibes, bei „Sches Lem“ wagt sie ein finales Crescendo mit Punk-Appeal, im Titelsong „Windschatten“ ziehen liturgisch anmutende Klänge einen sanften elektronischen Mantel über den Korpus des Liedes: „I wü all deine Narben und deine Kanten segn, i möcht mei Hand auf deine Falten legen. I möcht deine schiachsten Gsichter segn, i möcht mi in dein Windschatten stellen“. Die Salzburgerin plädiert bewusst für die unbequemen Seiten in menschlichen Beziehungen. „Man versucht im Leben immer die Schokoladenseite zu zeigen und hat dadurch im Leben oft viele Vorteile. Die spannenden Geschichten stecken aber woanders. Man findet sie in den hässlichen Seiten, die jeder so gut wie möglich zu verstecken versucht. Es braucht sehr viel Überwindung, die eigenen hässlichen Seiten zu zeigen und dazu zu stehen.“
Mit einer spielerischen Selbstverständlichkeit pflügt Buchegger durch die Natur und Kultur ihrer Heimat Abtenau. So geht der Song „Lackschuh“ mit einer düsteren Melodie auf die schroffe Körperlichkeit des rauen Alltags im Tennengau ein. Schwielen an den Händen, gerissene Haut, Arbeit am Land. Ein Bild, das auch „Deine Händ“ vermittelt, in dem die Künstlerin das Jodel-Element mit einer futuristischen Kate-Bush-Ästhetik vermengt und ihrem Vater ein lyrisches Denkmal baut. „Zvü“ erzählt von schrecklichen Erfahrungen und oberflächlichen Bewertungen des Patriarchats, mit denen sich Frauen im Kulturbereich noch immer auseinandersetzen müssen. Der mit markant in den Vordergrund gehobener Gesangsstimme präsentierte, sehr intime Song „Zaun“ dreht sich um beeinträchtigte Kinder und der Tatsache, mit wie wenig Empathie und Geduld die Gesellschaft auf sie reagiert. Eine Geschichtsstunde, die aufwühlt und zum Nachdenken anregt.
Buchegger bearbeitet auf „Windschatten“ bewusst die kantigeren, ungemütlichen Themen, die in der Öffentlichkeit gerne unter den Teppich gekehrt werden. Sie nimmt sich kein Blatt vor den Mund und gräbt tief in jene Bereiche, die man im Alltag gerne ausblendet und beiseiteschiebt. Das kurze, aber umso prägnantere „Vaterland“ stellt besonders ungemütliche Charaktereigenschaften in den Vordergrund. Es ist keine Abrechnung mit der Heimat, sondern eine profunde und gut argumentierte Kritik am missbräuchlichen Alkoholverhalten, an ungesund-patriotischen Gruppendynamiken und an der Scheinmoral im tief verankerten, nicht hinterfragten Katholizismus. „Unser Vaterland kniet vorm Altar, foit die Händ und mocht si kloa, des musst im Vaterland so toa“. Für die Taten in unserem Leben sind wir selbst verantwortlich: „Es gibt kan Gott, der dir dei Schuld nimmt“. Selbstverantwortung, Lokalkolorit und Emanzipation mit Salzburger Jodelkunst, alpenländischem Hackbrett und einer neuen, inklusiven Volkskultur – das macht „Windschatten“ zu einem ganz neuen Kapitel in der heimischen Musiklandschaft. Ein Kapitel, das gerne den schwierigen Weg geht.